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Schule
15. April 2016 05:36; Akt: 15.04.2016 14:18Print
Kinder von Motz-Eltern
kriegen bessere Noten
von B. Zanni - Eltern setzen
Lehrer vermehrt unter Druck. Um sich keine Probleme aufzuhalsen, geben Lehrer
mit höheren Noten oft klein bei.
Schulleistungen zu benoten, ist für Schweizer
Lehrer oft eine Zitterpartie. Eltern wollen bei Prüfungs- und Zeugnisnoten
vermehrt das letzte Wort haben. Eine Primarlehrerin gesteht in der Zeitschrift
«Bildung Schweiz»: «Manchmal benote ich das Kind weniger streng, einfach, um
meine Ruhe zu haben.» In Ruhe gelassen werden will sie von einem Elternpaar,
das ihr den Berufsalltag zur Hölle macht. «Sie schauen mir genau auf die
Finger, überprüfen die Lernziele, fragen nach Belegen für dies und jenes.»
Umfrage
Sind Sie mit
der Bewertung Ihrer Schulleistungen zufrieden?
Ja. 17 % Nein. 5 % Nicht immer. 15 %
Ja, aber ich
habe auch etwas Druck auf meinen Lehrer ausgeübt. 2 %
Nein. Dabei
habe ich dem Lehrer doch deutlich gemacht, dass ich bessere Noten verdient
habe. 3 %
Ich gehe
nicht mehr zur Schule und war immer einverstanden. 22 %
Ich bin kein
Schüler mehr und fand, dass meine Leistungen selten gerecht bewertet wurden. 12 %
Als Schüler
war ich manchmal anderer Meinung. 24 %
Insgesamt 829
Teilnehmer
Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher
Lehrerverbands, bestätigt: «Aus Angst vor einem grossen Elternknatsch machen
Lehrer aus einer 4 eine 4,5 oder aus einer 4,5 eine 5.»Für die Lehrer sei es
schwieriger geworden, Noten zu geben und Leistungen zu beurteilen.
«Vor allem bei den mündlichen Noten wird gefälscht»
Auch Beat Zemp, Präsident des Dachverbands
Lehrerinnen und Lehrer Schweiz, berichtet, dass Eltern vereinzelt versuchten,
Lehrer bei der Notengebung unter Druck zu setzen. «Vor allem bei der Bewertung
der mündlichen Leistungen wird gefälscht.» Weil sich die Noten für das
Mitmachen im Unterricht weniger klar mit Fakten begründen liessen, würden
einige Eltern die Notengebung hinterfragen. «Besonders Lehrer, die eine Stelle
frisch angetreten hätten, gäben bei massivem Druck manchmal nach.» Andere
wollten sich solche Probleme gar nicht aufhalsen und verzichteten deshalb ganz
auf mündliche Noten.
Laut den Lehrervertretern mischen sich oft
sogenannte «Helikopter-Eltern», also überbehütende Eltern, ein. «Sie rufen
permanent an, schicken E-Mails und geben durch, welche Noten ihr Kind braucht»,
sagt Lilo Lätzsch. Wie die Verbände sagen, wollen solche Eltern ihren
Sprösslingen damit den Übertritt ins Gymnasium erleichtern oder sie für die
Lehrstellensuche mit Bestnoten ausrüsten.
Behörden helfen Eltern
Warum knicken Lehrer ein? Laut den Lehrervertretern
drohen einige Eltern mit Anwälten oder Konsequenzen, falls die Lehrer die Noten
nicht anpassen. Manche Eltern hetzen den Lehrern sogar direkt die Behörden auf
den Hals.
«Die Schulbehörden ergreifen dann allenfalls gleich
Massnahmen», sagt Kathrin Scholl, stellvertretende Geschäftsführerin des
Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands. Etwa müssten die Lehrer sämtliche
Noten mit der Schulleitung absprechen. Da Schulpflegen gewählt werden müssten,
seien sie weniger unabhängig, so Scholl. Laut Beat Zemp hat die mühsame
Elternarbeit sogar auch schon zu Berufsausstiegen geführt.
«Das ist verfassungswidrig»
Für Schulrechtsexperte Peter Hofmann ist klar: «Nur
weil Herr Müller oder Frau Meier Stunk machen, dürfen Lehrer dem Schüler noch
lange keine Gefälligkeitsnoten verteilen.» Bewerteten Lehrer unter Druck
anders, als es der tatsächlichen Leistung entspreche, würden sie die
Bundesverfassung verletzen. Darin steht, dass alle Menschen vor dem Gesetz
gleich sind.
Um das Problem zu bekämpfen, fordert Kathrin
Scholl: «Die Schulleitungen und die Schulbehörden müssen die Lehrer in der
Elternarbeit mehr unterstützen.» Laut Hofmann müssen die Schulen die
Rollenklarheit zwischen Lehrern und Eltern wieder herstellen. «Für die
Notengebung sind die Lehrpersonen allein verantwortlich, denn sie sind die
Fachleute für das Lernen.»
Die beliebtesten
Leser-Kommentare
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7473
Barbara94 am 15.04.2016 05:48 via Diesen Beitrag
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unglaublich!
Was denken diese Eltern
eigentlich?! werden die in der Lehre des Kindes, vorausgesetzt mit falschen
Noten findet es eine, dann auch ständig dem Lehrer drohen mit den Behörden
etc?!! Von der Behörde wiederum schwach dass der Lehrer jetzt alle
Notengebungen absprechen muss, dabei hätten die hinter den Lehrern stehen
sollen und den Eltern klar und deutlich erklären dass benotet wird nach der
wirklich erbrachten Leistung!
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845844
4039
Arcon am 15.04.2016 05:54 via Diesen Beitrag
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Verzwicktes
System
Die Lehrperson sollte fair
benoten und nicht dem Druck der Eltern nachgeben. Bei schwierigen Eltern soll
Schulleitung und Behörde die Lehrperson tatkräftig unterstützen und sich
keinesfalls einschüchtern lassen wenn Eltern mit dem Anwalt drohen. Anderseits
gibt es eben auch nicht qualifizierte Lehrpersonen. Hier muss Schulleitung und
Behörde auch handeln und nicht einfach wegschauen und die Lehrer schützen. Mehr
Mut und Charakter ist hier bei Lehrperson, Schulleitung und Behörde gefragt.
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Ralph am 15.04.2016 05:56 Diesen Beitrag
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Froh keine LP
zu sein
Mann bin ich froh keine
Lehrperson zu sein! Das muss ein ganz schwieriger Job sein. Und es scheint
immer schwieriger zu werden...
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4140
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Hessin am 15.04.2016 13:55 Diesen Beitrag
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Resignation
vor dem massiven Druck
Tja, was soll man dazu
sagen. Ein Erdogan kriegt ja auch einen Böhmermann dran. Gleiches Prinzip, nur
auf öffentlicher Weltbühne, das ist der einzige Unterschied im Kartenhaus der
Bestechlichkeiten.
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Nicolas D. am 15.04.2016 13:51 via Diesen Beitrag
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Lehrer bleibt
objektiv!
Ich denke, dass
Lehrpersonen, die nicht in der Lage sind, die Leistungen ihrer Schüler objektiv
zu beurteilen, den falschen Beruf gewählt haben. Mit diesem skandalösen
Verhalten schaden sie ihren Schülern massiv. Wird an den Pädagogischen
Hochschulen der Umgang mit renitenten Eltern nicht geübt?
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Lehrpersona non grata am 15.04.2016 13:21 Diesen Beitrag
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Hinterfragen
ist ok
Obwohl ich bereits einige
Jahre als Lehrperson tätig bin, ist mir diese Situation noch nie untergekommen.
Grundsätzlich finde ich es absolut in Ordnung, dass die Lehrperson angezweifelt
werden darf. Willkür ist nicht weniger ätzend, als Drohen auf hohem Niveau.
Diese Einstellung zwingt mich als Lehrperson dazu, meine Notengebung zu
hinterfragen und argumentativ begründen zu können. Denn eines ist sicher, über
Noten verhandle ich nicht. Wenn jedoch eine 21-jährige LP frisch ab PH nicht
weiter weiss, ist das verständlich. Hier ist die PH gefragt, denn dieses Thema
wird sträflich vernachlässigt.
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Motzelter am 15.04.2016 13:19 Diesen Beitrag
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Ist doch ganz
gut
Also für mich gäbe es im
Lehrerberuf nichts besseres als dem Kind von solchen Eltern mal ein fettes
ungenügend aufzudrücken (wenn verdient). Würde mich das ganze Semester auf die
Elterngespräche freuen, bei solchen Eltern, da hat man am Ende einen schönen
Assi-Moment, den man noch seinen Kindern erzählen kann.
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Sandy am 15.04.2016 13:15 via Diesen Beitrag
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Vertrauen in
die Lehrer
Also ich vertraue dem
Urteilsvermögen der Lehrerinnen meiner Kinder. Wenn die Noten schlecht wären,
würde ich höchstens fragen, ob mein Kind in die Nachhilfe sollte oder was ich
tun kann um ihm beim lernen zu helfen. Gute Noten die nicht verdient sind,
machen ja auch gar keinen Sinn.